Autor: annalehmannbrauns
01 – Wild Side West
04 – Neon
01 – Neon
Wild Side West
Letzter Vorhang – Eine Hommage in fotografischen Bildern
9. September – 2. Dezember 2018
Eröffnung: Sonntag, 9. September 2018, 12 Uhr
Kommunale Galerie Berlin
Hohenzollerndamm 176
10713 Berlin
„Grandezza mit Goldflitter“
TAGESSPIEGEL – 11.09.2018 –
Ausstellung über die Ku’damm Bühnen – Die Fotografin Anna Lehmann-Brauns widmet den beiden Theatern in der Kommunalen Galerie Berlin eine Hommage.
Der Beifall ist verrauscht, er war lang und anhaltend, ein rhythmisches Klatschen, und selbstverständlich erfolgte er im Stehen. Ein Regen aus Goldflitter war zuletzt herniedergegangen, glitzernder Abschluss des langen Lebens eines legendären Theaterbaus. Aber nun ist es vorbei, die Schauspieler, die Zuschauer sind gegangen, vielleicht schlendern einige gerade noch durchs Foyer, nippen an einem letzten Glas der hier traditionellen Himbeerbowle, und nur die Fotografin, so scheint es, befindet sich noch im Bühnenraum, allein mit ihrer Kamera, vor sich auf dem Boden den Goldflitter, dahinter die leeren Sitzreihen, die in magischem Rot schimmernden Logen, darüber das riesige Oval des Kronleuchters.
„Letzter Vorhang“ hat die Fotografin Anna Lehmann-Brauns die am 27. Mai, nach der allerletzten Vorstellung in den alten Ku’damm-Bühnen entstandene Aufnahme genannt. So heißt auch ihre Ausstellung, die am Sonntag in der Kommunalen Galerie Berlin am Wilmersdorfer Hohenzollerndamm eröffnet wurde: „Eine Hommage in fotografischen Bildern“, wie es im Untertitel heißt, gewidmet dem Theater und der Komödie am Kurfürstendamm, die, wie berichtet, Neubauplänen weichen mussten, ein Ausweichquartier im Schillertheater gefunden haben und erst nach Abschluss des Neubauprojekts wieder an den Kurfürstendamm zurückkehren.
„Hommage“ – das Wort ist gut gewählt, denn es ist nicht eine Dokumentation des Theaterlebens auf den beiden eng verbundenen Bühnen, man sieht keine Aufführungsszenen – oder allenfalls auf Fotos, die in den von Anna Lehmann-Brauns fotografierten Räumen hingen und an frühere Sternstunden der Ku’damm-Bühnen erinnerten. So an eine mit dem jungen Harald Juhnke, wie er gerade mit einer ihn anstrahlenden Kollegin im Dienste der Schauspielkunst turtelt – eine Schwarzweiß-Aufnahme an einer Wand im Foyer, darunter zur Rechten wie zur Linken ein Polsterstuhl, wie arrangiert, während die Fotografin versichert, alles so vorgefunden zu haben.
Raum für Besonderes
Als strenge Kompositionen sieht sie ihre Fotos gleichwohl, doch meint dies kein Arrangieren der im Bild gezeigten Gegenstände, vielmehr das Komponieren mit der Kamera mittels Bildausschnitt, Perspektive, Farbe, Licht – wobei sie nie ein Sortiment von Lampen mit sich herumschleppt, vielmehr stets auf das vorhandene Licht setzt. Menschen, seien es Schauspieler oder Zuschauer, kommen bei ihr nicht vor, es sei denn, wie beschrieben, auf mitfotografierten Fotos. Räume sind ohnehin das große Thema von Anna Lehmann-Brauns, besondere Räume, die, wie sie sagt, „eine eigene Magie entfalten“, was in der Ruhe, also ohne Menschen, eben besser zur Geltung komme.
Zu den beiden Bühnen hat die Fotografin eine besondere Beziehung: In ihrer Geburtsurkunde steht als Adresse Kurfürstendamm 37, das ist gleich gegenüber. Zum Schmelz das alten Kurfürstendamms gehörten für sie Theater und Komödie ebenso wie das Bristol Café, die Diskothek „Big Eden“, ja selbst die früher dort noch präsenten Prostituierten. Das alles habe zur besonderen Stimmung des alten West-Berlin gehört.
Auf die beiden Bühnen mit ihren fantastischen Räumen habe sie Lutz Gajewski, Manager von Gayle Tufts, dazu selbst Künstler und Fotospezialist, aufmerksam gemacht, erzählt sie. Und da Gayle Tufts dem Haus durch Auftritte selbst sehr verbunden war, erhielt Anna Lehmann-Brauns über diese Verbindung die Gelegenheit, das Haus in allen, der Öffentlichkeit verborgenen Winkeln mit der Kamera zu erforschen. Über sechs Monate war sie einmal pro Woche dort, fotografierte Kulissenmodelle, die nun wie große Räume wirken, drang bis in Teeküchen und Werkstätten vor, ausgestattet mit analoger Mittelformat-Kamera und Stativ, bemüht, die Grandezza des von Goldflitter geschmückten Bühnenraums ebenso darzustellen wie die dunklen Winkel etwa in der Schlosserei, mit einem in dieser Umgebung etwas überraschenden Pin-up an der Wand.
Sie ist eben mehr interessiert an der Lichtstimmung als an einer klaren Identifizierbarkeit jedes Gegenstandes: „Es muss nicht immer alles zu sehen sein.“ Und sie freut sich, wenn ihre Fotografien ab einer bestimmten Größe, wie sie sagt, „etwas Malerisches bekommen“ – eben keine fotografischen Dokumente, vielmehr „fotografische Bilder“, von denen Lehmann-Brauns vier eigens vor einer dunklen Wand arrangiert hat – für sie der Teil der Ausstellung, mit dem sie besonders zufrieden ist.
All das hat Folgen für die Titel: Die Aufnahme einer halb verdeckten, durch den Spalt zwischen zwei roten Vorhängen fotografierten Tür erhält da konsequent keinen den Ort lokalisierbaren Namen, sondern heißt schlicht „Durchsicht“. Und ein wie hin- und hergerückt wirkendes, aber wohl ebenfalls zufälliges, so vorgefundenes Arrangement aus Tisch, Stuhl und Vorhang wird nur ein schlichtes „Stuhl“ zugestanden. Als Dokumentation trubeligen Theaterlebens ist das wenig brauchbar, als ein Stillleben, von dessen nahem, mittlerweile vollzogenem Ende man weiß, besitzt es aber hohen ästhetischen Reiz.
„Letzter Vorhang“, Kommunale Galerie Berlin, 9.9.2018
Christoph Tannert, Kurator
„Anna Lehmann-Brauns Bilder funktionieren wie ein wehmütiger Blick in ein letztes Fotoalbum. Es wird zurückgeschaut und sich erinnert. Die Gegenwart wütet weiter.“
„Letzter Vorhang“, Kommunale Galerie Berlin
Gayle Tufts, Entertainerin
Ich liebe die Arbeit von Anna Lehmann-Brauns.
Ich war so froh, als ich gehört habe, dass Anna dieses Projekt im Theater am Kurfürstendamm und Komödie am Kurfürstendamm machen würde, because she sees The Big Picture.
I had the grosse Ehre, die letzte Künstlerin zu sein, die auf der Bühne des Theater am Kurfürstendamm gespielt hat. Als ich zum ersten Mal hinter die Bühne kam, habe ich jahrzehnte Berliner Theaterluft geschnuppert und jahrelange Geschichte gespürt. I was in Entertainerin-Himmel! Berthold Brecht hatte hier Mahaghonny uraufgeführt! It was the home of Max Reinhardt, who understood the Serious Business of gute Unterhaltung. Ich war mir sicher, dass ich nach der Vorstellung Harald Juncke auf mindestens eine Erdbeerbowle im Foyer treffen würde. Und ich schwöre, dass Brigitte Mira als Schutzengel in meiner Garderobe lebte.
Anna Lehmann-Brauns versteht das. Sie ist eine mutige Entdeckerin an diesen Orten, die nur wenigen zugänglich sind. Sie ist eine Storytellerin. Sie zeigt uns Geschichte und Abenteuer in leeren Räume. Aber sind die Räume überhaupt leer? Anna sees the ghosts and dreams and Freude und Zweifel und Leidenschaft und Liebesaffären und Schweiß und Blut und Tränen und Glitzer und Flüchtigkeit und Abschied in diesen „leeren“ Räumen. Und sie spürt das Echo von neverending Arbeit, die im Theater, in jedem Bühnenbrett, jedem Probenstuhl, und jedem Lichtkabel steckt.
Die Theaterwissenschaftlerin Miriam Dreysse hat in Anna’s Arbeit Memory and Melancholy – Errinnerung und Melancholie gesehen. Ich sehe das und auch Humor. Ein menschlicher, lebensfröhlicher Blick in die Realität: Hier war etwas, hier ist ist etwas passiert. Ich bin so dankbar, dass Anna da war – als Zeugin and Chronistin dieser Orte. Weil years from now junge Theatermacher werden sie bewundern und fragen : How could they let that go?
Besonders in diesen crazy Wochen, in unserer prekären Welt, wo Reality in Frage gestellt wird, bin ich unendlich dankbar für die Realität, Menschlichkeit und Schönheit, die Anna uns zeigt.
Und ihr könnt einen Teil davon haben: Es gibt einen Limited Edition Print für nur €150 Euro.
Kunsthalle Damstadt
Einzelausstellung
anlässlich der Lokalen Agenda 21 Darmstadt
am 26. August 2018